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Laufen bei chronischen Rückenschmerzen: Die ASTEROID-Studie

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20/10/2025

Laufen bei chronischen Rückenschmerzen: Die ASTEROID-Studie

Laufen bei chronischen Rückenschmerzen: Die ASTEROID-Studie

Chronische untere Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Patienten in die Physiotherapie kommen. Eine aktuelle Studie zeigt nun: Laufen könnte eine sichere und wirksame Therapieoption sein – entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass Laufen die Wirbelsäule zu stark belastet.

Inhaltsverzeichnis

  • Warum ist diese Studie wichtig?
  • Die Ausgangslage: Chronische Rückenschmerzen und Training
  • Die ASTEROID-Studie im Detail
  • Das Laufprogramm: Aufbau und Progression
  • Ergebnisse: Was brachte das Lauftraining?
  • Sicherheit und Nebenwirkungen
  • Interpretation und Bedeutung für die Praxis
  • Fazit für Patienten und Therapeuten

Warum ist diese Studie wichtig?

Chronische untere Rückenschmerzen – definiert als Schmerzen, die mindestens 12 Wochen andauern – führen nicht nur zu individuellen Belastungen, sondern auch zu reduzierter körperlicher Aktivität und schlechterer aerober Fitness. Während Trainingstherapie grundsätzlich in Leitlinien empfohlen wird, gab es bisher kaum wissenschaftliche Evidenz dafür, ob Laufen als spezifische Trainingsform bei Rückenschmerzen sicher und wirksam ist.

Die Ausgangslage: Chronische Rückenschmerzen und Training

Bewegung und Training sind etablierte Therapieansätze bei chronischen unteren Rückenschmerzen. Sie reduzieren Schmerzen, verbessern die körperliche Funktion und minimieren negative Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit. Besonders aerobes Ausdauertraining zeigt positive Effekte auf Schmerzintensität, physische Einschränkungen und mentale Gesundheit.

Studien zeigen, dass hochintensives Training (≥85% der maximalen Herzfrequenz) mit größeren Verbesserungen der körperlichen Funktion und besserer Trainingsadhärenz verbunden ist als moderates Training. Allerdings basierte diese Evidenz bisher hauptsächlich auf Fahrradergometer-Training. Laufen wurde häufig als zu riskant für Patienten mit Rückenschmerzen angesehen – obwohl Läufer tatsächlich niedrigere Raten an Rückenschmerzen und eine gesündere Wirbelsäule aufweisen als Nicht-Läufer.

Die ASTEROID-Studie im Detail

Die ASTEROID-Studie (Acceptable and Safe Trial Evaluating Running in Osteoarthritic and Inactive Discomfort) untersuchte 40 Erwachsene im Alter von 18-45 Jahren mit nicht-spezifischen chronischen unteren Rückenschmerzen. Die Teilnehmer hatten seit mindestens drei Monaten Beschwerden und waren keine aktiven Läufer.

Auswahlkriterien

Eingeschlossen wurden Patienten mit:

  • Nicht-spezifischen unteren Rückenschmerzen über mindestens 3 Monate
  • Alter zwischen 18 und 45 Jahren
  • Keinen vorherigen Wirbelsäulenoperationen
  • Keinen spezifischen Ursachen wie Trauma, Infektionen oder Radikulopathien

Das Laufprogramm: Aufbau und Progression

Das Interventionsprogramm erstreckte sich über 12 Wochen mit drei 30-minütigen Trainingseinheiten pro Woche. Das Besondere: Es handelte sich um ein hochintensives Intervalltraining mit Laufgeschwindigkeiten von 7-8 km/h, was Intensitäten von ≥85% der maximalen Sauerstoffaufnahme entspricht.

Die drei Trainingsstufen

Basierend auf einem 2-Minuten-Lauftest wurden die Teilnehmer in drei Stufen eingeteilt:

  • Stufe 1: Angenehmes Joggen für 0-44 Sekunden (15 Sekunden Laufen, 120 Sekunden Gehen)
  • Stufe 2: Angenehmes Joggen für 45-89 Sekunden (30 Sekunden Laufen, 120 Sekunden Gehen)
  • Stufe 3: Angenehmes Joggen für 90-120 Sekunden (45 Sekunden Laufen, 115 Sekunden Gehen)

Das Programm war progressiv aufgebaut: Die Teilnehmer stiegen zur nächsten Stufe auf, wenn sie 10 Wiederholungen in einer Sitzung absolvierten und mindestens zwei Sitzungen pro Woche abschlossen. Bis zur höchsten Stufe 13 steigerten sich die Laufintervalle auf 180 Sekunden mit nur 15 Sekunden Gehpause.

Betreuung und Monitoring

Die Teilnehmer erhielten professionelle Unterstützung durch:

  • Wöchentliche Zoom-Beratungen in den ersten 4 Wochen
  • Zweiwöchentliche Beratungen von Woche 6-12
  • Zusätzliche Unterstützung per Telefon und SMS
  • Tracking über die Runkeeper-App zur Kontrolle von Standort und Geschwindigkeit

Ergebnisse: Was brachte das Lauftraining?

Die Studienergebnisse nach 12 Wochen zeigen deutliche Unterschiede zwischen der Laufgruppe und der Wartelisten-Kontrollgruppe:

Schmerzreduktion

  • Aktuelle Schmerzen: Reduktion von 30,8 auf 14,3 Punkte (auf einer 100-Punkte-Skala) in der Laufgruppe vs. Anstieg von 40,1 auf 42,9 Punkte in der Kontrollgruppe
  • Durchschnittliche Schmerzen: Reduktion von 33,5 auf 18,5 Punkte in der Laufgruppe vs. nahezu unveränderter Wert in der Kontrollgruppe (45,95 auf 46,25 Punkte)

Diese Unterschiede zwischen den Gruppen waren statistisch signifikant (p<0,01).

Adhärenz und Akzeptanz

Die Akzeptanz des Programms war bemerkenswert hoch:

  • Durchschnittliche Adhärenz: 70,4% (das entspricht 2,1 von 3 Sitzungen pro Woche)
  • Kein einziger Drop-out während der 12 Wochen
  • Durchschnittliche Laufgeschwindigkeit: 9,5 km/h
  • Durchschnittliche Distanz: 2,0 km pro Sitzung
  • Sehr hohe Zufriedenheit mit der Runkeeper-App (94,5 von 100 Punkten)

Sicherheit und Nebenwirkungen

Ein zentraler Aspekt der Studie war die Sicherheit des Lauftrainings. Insgesamt traten nur 9 unerwünschte Ereignisse auf:

  • 7 Verletzungen der unteren Extremität (78%)
  • 1 Synkope (11%)
  • 1 Anstieg der Rückenschmerzen (11%)

Wichtig: Mit Ausnahme eines einzigen Falls setzten alle Teilnehmer das Training nach einer Woche Pause wieder fort. Im Durchschnitt wurden nur 2 Trainingseinheiten pro unerwünschtem Ereignis ausgesetzt. Diese Rate liegt im normalen Rahmen für Laufanfänger und zeigt, dass es zu keiner übermäßigen Zunahme oder Verschlechterung der Rückenschmerzen kam.

Interpretation und Bedeutung für die Praxis

Die ASTEROID-Studie liefert wichtige Erkenntnisse für die physiotherapeutische Praxis:

Positive Aspekte

  • Sicherheit bestätigt: Laufen ist sicher für Patienten mit chronischen unteren Rückenschmerzen durchführbar
  • Signifikante Verbesserungen: Das Programm führte zu statistisch signifikanten Reduktionen von Schmerzen und funktionellen Einschränkungen
  • Hohe Akzeptanz: Die Adhärenz von 70% und null Drop-outs zeigen, dass Patienten das Programm gut annehmen
  • Praktikabilität: Laufen ist eine kostengünstige und leicht zugängliche Trainingsform

Limitationen

Trotz der positiven Ergebnisse erreichten die Verbesserungen nicht die vorher festgelegten Schwellenwerte für eine minimal klinisch bedeutsame Verbesserung (20 Punkte auf der Schmerzskala bzw. 10 Punkte beim Oswestry Disability Index).

Fazit für Patienten und Therapeuten

Die ASTEROID-Studie räumt mit dem Vorurteil auf, dass Laufen für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen schädlich sei. Die Ergebnisse zeigen klar:

Laufen ist sicher und kann bei chronischen unteren Rückenschmerzen helfen.

Allerdings sollte Laufen nicht als alleinige Therapie betrachtet werden. Vielmehr eignet es sich hervorragend als Bestandteil eines multimodalen Behandlungsansatzes in Kombination mit anderen Trainingsübungen, manueller Therapie und spezifischen Stabilisationsübungen.

Praktische Empfehlungen für die Physiotherapie

  • Beginnen Sie mit kurzen Laufintervallen (15-30 Sekunden) und langen Gehpausen
  • Progression sollte schrittweise erfolgen – maximal eine Stufe pro Woche
  • Zielen Sie auf 2-3 Trainingseinheiten pro Woche à 30 Minuten
  • Nutzen Sie Apps zur Motivation und zum Tracking
  • Kombinieren Sie das Lauftraining mit anderen physiotherapeutischen Maßnahmen
  • Bieten Sie regelmäßige Betreuung und Feedback an

Bei pro-thera Berlin Tegel und Hermsdorf integrieren wir evidenzbasierte Trainingsansätze wie diese in unsere Behandlungspläne. Wenn Sie unter chronischen Rückenschmerzen leiden und wissen möchten, ob ein Laufprogramm für Sie geeignet ist, beraten wir Sie gerne individuell.

Quelle: Neason et al. Running is acceptable and efficacious in adults with non-specific chronic low back pain: the ASTEROID randomised controlled trial. 2024

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